Staatliche Bewirtschaftung
Gleich bei Kriegsausbruch wurden die Zivilbehörden militärischen Stellen untergeordnet. Für Stormarn war das Stellvertretende Generalkommando in Altona zuständig, das mit Fortschreiten des Krieges in immer stärkerem Maße durch Erlasse und Beschlagnahmungen in das tägliche Leben der Menschen eingriff. Erforderlich war dies, da der Bedarf des Heeres gedeckt werden mußte und sich zugleich die Versorgungslage mit Kriegsausbruch tiefgreifend gewandelt hatte. Zum einen war das Deutsche Reich von einem Großteil seiner Rohstoffzufuhren abgeschnitten worden: Die Petroleumlieferungen aus Amerika, Galizien und Rumänien fielen weg, man mußte fast vollständig auf die Einfuhr von Getreide verzichten, und auch auf die Frühkartoffeln, die bisher in großen Mengen aus Frankreich, Algerien und Malta eingeführt worden waren, bestand nun keine Aussicht mehr. Ebenso verhielt es sich mit den Salzheringen, bei denen das Reich in Friedenszeiten seinen Bedarf zu drei Vierteln im Ausland gedeckt hatte. Zum anderen wurde diese Situation noch dadurch verschärft, daß der Kriegsausbruch mitten in die Erntezeit fiel und die Einberufungen einen empfindlichen Mangel an Erntearbeitern verursachten. Um diesem zumindest ein Stück weit zu begegnen, hatte der Oberpräsident in Schleswig gleich Anfang August eine Anweisung erlassen, daß sich Schüler als Erntehelfer melden sollen.
In der Folgezeit versuchte man dann, die Bevölkerung zur Sparsamkeit anzuhalten: Der Kreisausschuß ließ in Schiffbek kostenlose "Kriegskochkurse" abhalten, die sich vor allem an "Frauen aus unbemittelten Kreisen" richteten. Im "Lokal-Anzeiger" wurde darauf hingewiesen, daß sich auch noch aus Brotkrusten sowie Fleisch- und Knochenabfällen schmackhafte Suppen und Brühen zubereiten lassen und daß "Butteressen ... gegenwärtig ein großer Luxus (ist) (...), weil mit der Erzeugung von Butter eine große Vergeudung von Nährwerten verbunden ist." Zu Weihnachten 1914 appellierte man an die Bevölkerung, mit den Backwaren zu sparen, und einen Monat später veröffentlichte der "Lokal-Anzeiger" einen Privatbrief des preußischen Ministers des Innern, in dem es hieß: "Wir brauchen nicht zu darben, aber wir müssen sparen und einfach leben: viel Schwarzbrot und Kartoffeln, wenig Fleisch und wenig Weißbrot - und sparen, immer sparen mit den Vorräten sowohl wie mit den Resten, die man wegzuwerfen gewohnt war." Wesentlich schärfer nahmen sich demgegenüber schon die Worte aus, die der stellvertretende kommandierende General der Artillerie v. Roehl den "20 Geboten der deutschen Hausfrau" hinzufügte, die im Februar 1915 im "Lokal-Anzeiger" abgedruckt wurden. Dort liest man: "Wer daher diese Gebote nicht befolgt, ist ein schändlicher und fluchwürdiger Verräter an dem Fortbestehen Deutschlands."
Um die Versorgungslage zu verbessern, wurden Ackerflächen und Viehbestände zentral erfaßt, Vorräte beschlagnahmt, die Jagd ausgedehnt und die Landwirtschaft intensiviert. Beispielsweise erließ Landrat von Bonin im Januar 1915 im Kreisblatt die folgende Bekanntmachung: "Um den Grund und Boden in der jetzigen Kriegszeit in möglichst weitem Umfange der Ernährung von Volk und Heer nutzbar zu machen, ist es erforderlich, in diesem Sommer nirgends Schwarzbrache (Vollbrache) liegen zu lassen. Alle hierzu sonst bestimmten Ackerflächen müssen mit Hackfrüchten oder Hafer, auf dem schwereren Boden mit Mengkorn oder vielleicht Sommerweizen bestellt werden können. Die Amts- und Gemeindevorsteher und die Vorsteher der landwirtschaftlichen Vereine ersuche ich, auf die Landwirte des Kreises durch Anregung und Belehrung in diesem Sinne einzuwirken. Wer diese Bestellung ohne Grund unterläßt, tut nicht in vollem Umfange seine Schuldigkeit dem Vaterland gegenüber." Die Bevölkerung wurde animiert, Gartenbau zu treiben und Obstbäume zu pflanzen, und die Gemeinde Schiffbek versuchte ihren Beitrag zu leisten, indem sie das Wasserwerksgrundstück durch Schulkinder mit Sonnenblumen bepflanzen ließ. Außerdem griff man auf die besetzten Gebiete zurück: So wurde im Sommer 1915 in Stormarn Brot verkauft, das aus russischem Getreide hergestellt worden war. Im Oktober 1915 trafen Kartoffellieferungen aus Kurland und Polen ein.
Des weiteren erkannte man relativ schnell die Haustiere als unmittelbaren Nahrungskonkurrenten: Schon im November 1914 war es untersagt worden, Roggen und Weizen zu verfüttern. Zwei Monate später wurde erwogen, die Verfütterung von Hafer auf Pferde zu beschränken und, sofern sich andere Futtermittel nicht beschaffen lassen, die "ohnehin in Verhältnis zu den Futterbeständen übergroße Viehhaltung" einzuschränken. Im März 1915 ordnete der Landwirtschaftsminister in einem Rundschreiben an, daß "was für menschliche Nahrung brauchbar ist, ... in der jetzigen Zeit möglichst nicht als Viehfutter verwendet werden (sollte)." Vier Monate später stellte man die Verfütterung von Brot und Brotabfällen, die zur menschlichen Ernährung geeignet sind, unter Strafe. Und auch die Verminderung der Hundehaltung wurde diskutiert. Die Zahl der Milchkühe ging in Deutschland alleine bis zum Sommer 1916 um 800.000 zurück.
Durch die Verknappung der Lebensmittel schnellten die Preise in die Höhe. Hülsenfrüchte hatten sich bereits im November 1914 um über 100 % verteuert. Ein knappes Jahr später klagte der "Lokal-Anzeiger": "Die Lebensmittelpreise haben heute eine Höhe erreicht, die in vielen Fällen in keiner Weise berechtigt ist und geradezu als Wucher schändlichster Art bezeichnet werden muß. " Nachdem die Behörden hierauf zunächst mit der Einführung von Höchstpreisen reagiert hatten, gingen sie wenig später zur Rationierung der Lebensmittel über:
Der Anfang wurde in Stormarn mit Brot und Mehl gemacht. Ab dem 22. Februar 1915 konnten sie nur noch gegen Vorlage der Bezugskarten erworben werden, die zuvor durch die Gemeindevertretung ausgegeben worden waren. Um ein größtmögliches Maß an Gerechtigkeit walten zu lassen, führte man außerdem ein standardisiertes "Kriegsbrot" ein. Neben der Größe wurde bei diesem auch die Zusammensetzung festgelegt. Durch die "Bekanntmachung über die Regelung des Mehl- und Brotverbrauchs im Kreise Stormarn" vom 19. April 1915 wurde bestimmt, daß das einheitliche Kriegsbrot zu drei Teilen aus Roggen und zu einem Teil aus Weizen bestehen solle. Beide Getreidesorten sollten lediglich gereinigt und dann vermengt voll ausgemahlen werden. Die Tagesration sollte für Erwachsene 200 g betragen und für Kinder unter 4 Jahren die Hälfte.
In der ersten Kriegszeit war ein Großteil des in Schiffbek verzehrten Brotes aus den Hamburger Brotfabriken bezogen worden. Als dann im April 1915 in Hamburg Brotkarten eingeführt wurden, versiegte diese Quelle schlagartig, da die Hamburger Großbäckereien nunmehr nur noch für das Stadtgebiet produzieren durften. In Schiffbek hatte dies zur Folge, daß wiederholt "eine reine Jagd nach Brot begann, ohne daß alle ihren Bedarf decken konnten." Die Schiffbeker Bäcker konnten die Versorgung der Bevölkerung nicht sicherstellen, da es ihnen an Fachpersonal mangelte und sie nicht genügend Mehl erhielten. Und auch die 600 kg Brot, die nun täglich von der Brotfabrik in Oldesloe geliefert wurden, reichten nicht aus: So kam es noch im August 1915 immer wieder vor, daß "einzelne Brotläden ... manchmal schon Stunden vorher belagert (wurden), ehe mit dem Brotverkauf begonnen werden konnte." Zu einer durchgreifenden Verbesserung führte erst die "Brotgemeinschaft Hamburg-Stormarn", die kurz darauf geschlossen wurde; nun konnte man mit den Schiffbeker Brotkarten auch bei den Hamburger Bäckern einkaufen. Nachdem diese zum Jahreswechsel 1916/17 ausgelaufen war, folgte im Mai 1917 die Schaffung eines "zusammenhängenden Wirtschaftsgebiets", dem neben Hamburg und Schiffbek auch die Kreise Altona, Pinneberg und Wandsbek sowie einige weitere preußische Randgemeinden angehörten.
Die Schaffung des "zusammenhängenden Wirtschaftsgebiets" war Teil der fortschreitenden Zentralisierung in der Güterverteilung. Anfangs hatte die Beschaffung von Lebensmitteln noch zum Teil bei den Gemeindevertretungen gelegen: So beschäftigte sich die Schiffbeker Gemeindeversammlung im Februar 1915 gemäß eines Beschlusses des Bundesrates mit der Beschaffung von Dauerware im Werte von 10.000 Mark. Nachdem es die ortsansässigen Schlachtermeister abgelehnt hatten, eine Offerte zu machen, da der größte Teil von ihnen bereits zur Fahne einberufen war bzw. demnächst einberufen werden würde, hatte sich die Gemeinde auch hier an Großbetriebe gewandt. Allerdings neigte man eher der Beschaffung von Futtermitteln für Schweine sowie von frühen Saat- und Eßkartoffeln zu, da bei den Gemeindevertretern "zum größten Teile die Ansicht vor(herrschte), daß es sich für unsere Gemeinde nicht empfehle, besonders große Vorräte einzukaufen, weil die Preise für Dauerware zum Teil schon so hohe sind, daß für einen Teil unserer Einwohnerschaft der Preis nicht erschwinglich sei und daß außerdem hier viel hausgeschlachtet werde und das Bestreben vorherrsche, durch weitere Heranzucht von Schweinen einem Fleischmangel abzuhelfen." Gleich nach Kriegsbeginn hatte der Kreis Stormarn einen Verteilungsausschuß ins Leben gerufen, der in Oldesloe tagte. Im Sommer 1916 trat er dann der "Einkauf Schleswig-Holstein G.m.b.H." bei, die man gegründet hatte, "damit die Provinz Schleswig-Holstein durch die Zentraleinkaufsgesellschaft in Berlin besser als bisher mit Lebensmitteln versorgt wird." Dort, in der Hauptstadt, waren in der Zwischenzeit Reichsstellen für Kartoffeln, Getreide und Futtermittel eingerichtet worden.
Schließlich gab es kaum noch einen Gegenstand des täglichen Bedarfs, der auf dem freien Markt erhältlich war. Kartoffeln, Fleisch, Knochen, Fett, Milch, Eier, Zucker und Süßstoff, aber auch Kohlen, Petroleum und Carbid sowie Seife, Bekleidung, Bettzeug und sogar Nähzwirn wurden nur noch über Karten bzw. Kundenlisten abgegeben. Zudem wurden den Haushaltungen immer mehr Dinge durch Beschlagnahmen entzogen. Sie mußten sämtliche Geräte aus Kupfer, Messing und Reinnickel, die bei der Bereitung von Speisen benutzt wurden, alle Gegenstände aus Aluminium und die Gummibereifung der Fahrräder abliefern. Für die Benutzung von Fahrrädern und von Droschken wurde eine behördliche Erlaubnis erforderlich. Vergnügungsfahrten mit dem Rad waren grundsätzlich verboten. Es war untersagt, die Fußböden zu ölen, und die Einziehung sämtlicher Ledervorräte verschaffte dem Holzschuh eine Renaissance: Im Oktober 1917 kam es zur Einführung von Einheitsschuhen mit Teil- bzw. Vollholzsohle. Bestände an Dachziegeln, künstlichen Mauersteinen und Drainagerohren aus Ton wurden ebenso beschlagnahmt wie Türklinken und Fenstergriffe aus Messing und Bronze, eiserne Heizkörper und Zentralheizkessel und kupferne Regenrinnen. Auch nahm man die Kirchenglocken und das Dachkupfer des Schiffbeker Wasserwerks ab. Dem Elektrizitätswerk war es infolge der Materialknappheit ab Sommer 1915 nicht mehr möglich, neue Anschlüsse zu legen. Als sich im September des folgenden Jahres der Mangel an Petroleum, Spiritus und Carbid dramatische verschärfte, führte dies bei Arbeitern, die schon sehr früh aufstehen mußten, zu "unhaltbaren Zuständen": Sie waren nun gezwungen, ihre morgendlichen Verrichtungen in völliger Dunkelheit zu erledigen. Zumindest phasenweise waren auch diejenigen nicht bessergestellt, deren Haushalt über einen Anschluß an die Gasleitung verfügte. In den ersten acht Monaten des Jahres 1917 war an insgesamt neun Tagen überhaupt kein Gas geliefert worden. Hinzu kamen noch die vielen stundenweisen Druckverminderungen und Unterbrechungen. Hier bestand die Ursache in den Stockungen bei den Kohlenlieferungen, die die gesamte Bevölkerung betrafen. Oft waren die Kohlenknappheit und der Mangel an Fett so groß, daß es unmöglich war, wie gewohnt drei- bis viermal am Tage Kartoffeln und Gemüse zuzubereiten. Im Februar 1917, der mitunter Temperaturen von 18-20° C unter Null erreichte, wurde für Mietshäuser mit Zentralheizung eine Raumhöchsttemperatur von 16° C festgesetzt; zentrale Warmwasserversorgungen durften nur noch einmal pro Woche in Betrieb genommen werden. Lokalen war es untersagt, ihre Säle zu heizen, und auch die Kirchen blieben kalt. Im Juni 1917 wurde das wöchentliche Kohlenquantum auf 40 Pfund herabgesetzt und durch die Gemeindevertretung die Einstellung der Straßenbeleuchtung verfügt. Fünf Monate später richtete sie im evangelischen Gemeindehaus versuchsweise eine Wärmhalle ein. Der "Lokal-Anzeiger" berichtete hierüber wie folgt: "Die auf Beschluß der hies. Gemeindevertretung eingerichtete Wärmhalle wird am Freitag, den 23. d. Mts. im hiesigen Gemeindehaus eröffnet werden. Jedermann ist berechtigt, in der Wärmhalle sich aufzuhalten und häusliche oder schriftliche Arbeiten, die vielleicht infolge mangelnder Beleuchtung oder ungenügenden Heizmaterials zu Hause nicht zu bewerkstelligen sind, dort auszuführen. Bei der Einrichtung handelt es sich um einen Versuch. Findet die Einrichtung regen Zuspruch, so dürfte sie noch weiter ausgebaut werden, andernfalls ist mit ihrem dauernden Bestehen kaum zu rechnen."
Ähnlich ungünstig entwickelte sich auch die Versorgungslage bei den Lebensmitteln. Im Oktober 1915 wurde eine Einschränkung des Verkaufs und Verbrauchs von Fleisch durch den Bundesrat erwogen. Diese sollte zunächst nur das Gewerbe betreffen, doch legte man auch den Haushalten nahe, an zwei Tagen ganz auf den Verzehr von Fleisch zu verzichten und es ansonsten nur einmal pro Tag zu sich zu nehmen. Ein Jahr später wurde dann mehrfach Klage geführt, "daß es einer Anzahl Einwohner trotz stundenlangen Wartens vor den Schlachterläden nicht mehr möglich gewesen sei, Fleisch zu erhalten, und daß manche Familien infolgedessen wochenlang kein Fleisch hätten erhalten können." Bei der Einführung der Fleischkarten in Schleswig-Holstein im Juli 1916 wurde das wöchentliche Quantum noch auf 600 g mit Knochen und 375 g ohne Knochen festgelegt. Im August 1918 ordnete man dann für die gesamte Bevölkerung mehrere fleischfreie Wochen an. Auf die Fleischkarte über 150 g sollten in dieser Zeit 185 g Mehl verausgabt werden und auf die auf 100 g lautende Fleischkarte 125 g.
Der Tiefpunkt in der Lebensmittelversorgung war allerdings bereits im Winter 1916/17, dem berüchtigten "Steckrübenwinter", erreicht worden. Die Ursache hierfür bestand in einer katastrophalen Kartoffelernte, über die es im Oktober 1916 im "Lokal-Anzeiger" heißt: "Die bisher vorliegenden Ergebnisse der Schätzung über den Umfang der Herbstkartoffelernte haben das Kriegsernährungsamt veranlassen müssen, tief einschneidende Maßnahmen zu ergreifen." Während diese noch darin bestanden hatten, das tägliche Quantum bis zum 15. August des folgenden Jahres für Selbstversorger auf 1½ Pfund, für Schwerarbeiter auf 2 Pfund und für sonstige Personen auf 1 Pfund festzusetzen, wurde das wöchentliche Quantum für letztere bereits zum 1. Januar 1917 auf 4 Pfund reduziert. Am 20. März gab der "Lokal-Anzeiger" dann bekannt, daß fortan nur noch 2 Pfund Kartoffeln pro Kopf und Woche abgegeben und die beiden fehlenden Pfund durch 500 g Brot und 250 g Mehl substituiert werden würden. Einen Monat später fiel diese Substituierung weg, am 5. Mai wurde das wöchentliche Quantum auf 1 Pfund Kartoffeln und 250 g Mühlenfabrikate gesenkt, und drei Tage später kündigte der "Lokal-Anzeiger" an, "daß für die kommenden Wochen Brot- und Mehlzulagen nicht mehr gewährt werden können, daß vielmehr für fehlende Kartoffeln gedörrte Rüben als Ersatz angenommen werden müssen." Am 26. Juni wurden schließlich gar keine Kartoffeln mehr verausgabt; stattdessen erhielt man 350 g Mehl.
Die Ausmahlquote des Brotgetreides war zum Jahreswechsel 1916/17 von 81 % auf 94 % angehoben worden. Zugleich hatte man den Zusatz von 5 % Kartoffeln, der bald nach Kriegsausbruch eingeführt worden war, zurückgenommen. Die Erhöhung der Ausmahlquote ging empfindlich zu Lasten der Viehhaltung, denn durch sie wurde die Kleiegewinnung erheblich gemindert. Aus diesem Grund war beispielsweise im August 1915 die acht Monate zuvor vom Bundesrat ergangene Anweisung, daß die normale Ausmahlquote von 65 % auf "mindestens bis zu achzig von Hundert" zu steigern sei, vorübergehend zurückgenommen worden. Anfang März 1917 ordnete der Landrat dann an, daß fortan nur noch das Kriegsbrot hergestellt werden dürfte und daß das Brotgetreide mit Steckrübenmehl zu strecken sei. Zum 16. April wurde das wöchentliche Brotquantum von 2000 g auf 1600 g gesenkt. Vier volle Monate sollten vergehen, bis diese Regelung rückgängig gemacht wurde.
Auf allgemeine Warenkarten wurden in der dritten Januarwoche 1917 pro Person 100 g Graupen oder Grütze, 50 g Hafer- oder Gerstenflocken, 50 g Honig oder Sirup, 25 g Pflaumen sowie geringe Mengen Kriegskornkaffee, Butter, Rauchfisch und Seife verausgabt. Ende April gab es neben den 2 Pfund Kartoffeln 100 g Gerstengrütze, 50 g Graupen, 50 g Grieß, 100 g Marmelade, 200 g gedörrte Rüben, 80 g Butter, Rauchfisch und 200 Eier. Hinsichtlich der Verteilung der Eier war verfügt worden, "daß jede Haushaltung mit bis zu 3 Köpfen ein Ei erhält, Haushaltungen mit mehr als 3 Köpfen zwei Eier. Die Händler haben über den Eierverkauf eine besondere Abgabeliste zu führen; Haushaltungen, die keine Eier erhalten, werden bei der nächsten Verteilung bevorzugt." Interessant ist hierbei sicherlich, daß Schiffbek ebenso wie Sande und Bramfeld als Industrieort in Stormarn zur "Ersten Abteilung" zählte, die in der Lebensmittelversorgung besonders bedacht wurde.
Der "Lokal-Anzeiger" wies in dieser Zeit darauf hin, daß sich Birkensaft für die Haar- und Hautpflege und Heidekraut als Tee-Ersatz eignet, daß man Kartoffeln und Schollen auch in kaltem Kaffee braten kann und daß sich aus Steckrüben, Graupen, Zwiebeln, Essig und Pfeffer ein Brotaufstrich herstellen läßt, der so ähnlich wie Beefsteckhack schmeckt. Und auch das Gewerbe beschäftigte sich jetzt vermehrt mit der Herstellung von Ersatzstoffen. Häufig hielten diese nicht das, was sie versprachen. So wurde schon im Februar 1915 vor Suppenwürfeln gewarnt, die lediglich aus Stärkemehl und "einem sehr starken Prozentsatz Kochsalz" bestanden. Im August 1918 warb dann beispielsweise das in Altona ansässige Unternehmen Mohr & Co. für seinen Fleischextrakt-Ersatz "Ohsena", durch den ein "gutes wohlschmeckendes Mittagessen ohne Fett, ohne Fleisch, aber mit kräftigem Fleischgeschmack und für wenig Geld" zu haben sei. Bettzeug und andere Textilien wurden nun auch aus Papier hergestellt, und im Sommer 1917 kam der Benzinersatzstoff "Benezin" in den Handel, der den Nachteil hatte, schon bei 9° C leicht entzündlich zu sein.