Von der Mühle zum Schleemer Park
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein spielten mit Wasser und Wind betriebene Mühlen in der ländlichen wie der städtischen Gesellschaft eine zentrale Rolle. Ihre Energie wurde zum Zermahlen und Bearbeiten der unterschiedlichsten Materialien genutzt. Neben Getreidemühlen gab es Papier- und Pulvermühlen, Walk-, Holz- und Ölmühlen und man betrieb mit ihnen Säge- und Schöpfwerke, um nur einige Verwendungszwecke zu nennen. Erst mit der Verbreitung der Dampfmaschine wurden sie mehr und mehr zurückgedrängt. Einzelne bestehen jedoch noch heute, teils nur noch als Museum, teils aber auch immer noch als Produktionsstätte.
Die ersten Mühlen wurden im Mittelalter errichtet. Bei ihnen handelte es sich um Wassermühlen. So war es auch in Schiffbek. Erstmalig sind für die Jahre 1256 und 1276 Kornmühlen erwähnt. Wie alle ihre Nachfolger dürften sie im unteren Bereich des Schleemer Baches, kurz vor der Mündung in die Bille, gelegen haben. Das nächste Mal wurden die Schleemer Mühlen in den 1640er Jahren aktenkundig. Nunmehr befanden sie sich im Besitz des Hamburger Kaufmanns Albert Block, der die Erlaubnis erhielt, seine beiden Kupfermühlen zu Papier- und Ölmühlen umzubauen und unterhalb des Teiches weitere Mühlen anzulegen, ausgenommen waren davon jedoch Korn- und Walkmühlen. Im Jahre 1644 errichtete er daraufhin eine Holzmühle mit zwei Mahlgängen für Brasilholz und Lohe, sein Sohn und Enkel fügten später eine Holz- bzw. Pulvermühle hinzu. Außerdem war dem englischen Residenten in Hamburg Joseph Avarie im Jahre 1644 erlaubt worden, bei seinem Garten an der Schleeme, der den Namen „Englischer Hof“ führte, eine Walkmühle zu betreiben.
Doch nicht immer ging es mit den Schleemer Mühlen aufwärts. Als das Anwesen im Jahre 1769 von dem Hamburger Kaufmann Jacob Schultze im Rahmen eines Konkursverfahrens erworben wurde, war es offensichtlich in einem sehr baufälligen Zustand. Zum Kaufpreis von 21.000 Mark Banco musste er weitere 30.000 Mark für den Wiederaufbau der Mühlen aufwenden. Er legte eine nicht unbedeutende Wachsbleiche an, errichtete an der Stelle einer bereits viele Jahre zuvor gesprengten Pulvermühle eine Papiermühle, die bis ins 20. Jahrhundert hinein bestehen sollte, und auch das Gutshaus, der Schleemer Hof, dessen Bild bis heute mit dem Schleemer Mühlenanwesen verbunden wird, soll aus dieser Zeit stammen. Denn es wird dem Hamburger Baumeister Ernst Georg Sonnin zugeschrieben, der von 1713 bis 1794 lebte.
1792 wurde das Mühlenanwesen dann um eine Windmühle ergänzt, die an der heutigen Straßenecke Kapellenstraße/Oberschleems errichtet wurde. Dies war der ursprüngliche Verlauf der Möllner Landstraße; der gerade Durchstich von der Brücke über den Schleemer Bach zur Ecke Möllner Landstraße/Oberschleems erfolgte erst in den 1920er Jahren. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Windmühle als Farbholzmühle genutzt, später dann zum Mahlen von Korn und Schrot. Im Jahr 1861 löste man sie aus dem Mühlenanwesen heraus. Von 1887 bis 1941 befand sie sich im Besitz der Familie Böhndel. Der neue Besitzer brach sie bereits im folgenden Jahr ab.
Bei dem restlichen Mühlenkomplex, der neben dem Herrenhaus mit Lustgarten, einigen Nebengebäuden, der Wachsbleiche und der Papiermühle noch eine wassergetriebene Farbholzmühle umfasste, wurde das Bild im 19. Jahrhundert von zahlreichen Besitzerwechseln, Abtretungen, Teilungen und einem Verfall der Mühlen geprägt. Das nördlich der Möllner Landstraße gelegene Areal ging schließlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Besitz des Ingenieur Zieseniß über, der die hier befindliche Mühle abbrach und an ihrer Stelle im Jahre 1903 das Schiffbeker Elektrizitätswerk in Betrieb nahm.
Das Mühlengelände südlich der Möllner Landstraße kam 1910 an die Gemeinde Schiffbek, die es daraufhin in einen öffentlichen Park mit Spielplatz umwandelte. Während die Papiermühle bereits während des Ersten Weltkriegs abgebrochen wurde, nutze man das alte Gutshaus in den 1920er Jahren als Arbeitsamt. In den 1930er Jahren folgte die Übernahme durch die NS-Frauenschaft und 1953 schließlich der Abriss des mittlerweile baufälligen Gebäudes.
Gleichzeitig erfuhr der Park eine Neugestaltung. In den 1970er Jahren eröffnete mit der SpielWerkStadt an der Ecke Möllner Landstraße/Schleemer Weg eine offene Jugendeinrichtung, die vor einigen Jahren einen großzügigen, modernen Neubau erhielt. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte unterzog den Park in den vergangenen Jahren einer grundlegenden Renovierung, im Zuge derer nicht nur die Anbindung an den Luisenhofstieg hergestellt wurde, sondern auch die Bemühungen des NABU um eine Renaturierung des Schleemer Baches unterstützt wurden. Die Ortsgruppe Billstedt des BUND richtete zudem im oberen Teil des Schleemer Parks einen Schmetterlingspfad ein. Und schließlich muss die Billstedter Lichterkunst erwähnt werden. Seit nunmehr mehr als zehn Jahren verwandelt sie den Schleemer Park im September für einen Abend in einen Ort voller phantasievoller Leuchtobjekte – alljährlich Anlass für ein großes, friedliches Picknick.
Weitere Wassermühlen auf dem Gebiet des heutigen Billstedt befanden bzw. befinden sich an der Glinder Au: Die Steinbeker Mühle und die Mühle in Steinfurth . Neben diesen beiden trieb die Glinder Au auch noch Mühlen in Oststeinbek, Domhorst und Glinde an. Letztere beherbergt heute ein Museum. Eine weitere Windmühle bestand zudem auf dem Schiffbeker Berg.